Mit 160 Staaten und 2.900 Städten wurde der „Weltklimatag“ seinem Namen gerecht, der am 20. September Millionen Menschen zum Streik begeistern konnte. Durch die Hunderttausenden Demonstrant*innen, wenn nicht sogar Millionen, wurde der diesjährige Streiktag hierzulande zum größten seiner Art. Er offenbart die in Erhebungen erkannte Besorgnis vieler Menschen in Deutschland, die den Klimaschutz als das drängendste Thema empfinden. Nicht zuletzt, weil die Jahre zwischen 2015 bis 2019 die heißeste jemals gemessene Periode ist, die je von der Weltwetterorganisation aufgezeichnet werden konnte.
Schüler*innen wollen gemeinsam etwas bewegen
In Bochum brachte der von Schüler*innen organisierte Protest erstaunliche 8.000 Protestierenden zu Tage – ähnliches schaffte zuletzt lediglich der Streik um das Opelwerk. Positiv überraschend war es ebenso in Essen, wo die Organisator*innen 600 Teilnehmer*innen anmeldeten, dann aber mit 6.000 die zehnfache Menge an Menschen mobilisiert werden konnten. Seinen Start fand der Demozug in Bochum um 12:30 Uhr, der seine erste Station beim Rathaus hatte. Unter den Redner*innen sprach Johanna Hercher von FfF, welche die Bedeutung des Zusammenhalts betonte: „Wir sind hier, um mit allen Generationen zu streiken. Nur gemeinsam sind wir stark!“ Anschließend ging es vorbei an den Stadtwerken sowie an BP/Aral. Von Anfang an gingen vierzehn Schüler*innen mit zwei Bannern an der Spitze des Zuges voran, welche die Parolen „We are unstoppable. – Another World is possible.“ und „Fridays for Future – Climate justice now“ trugen. Ein besonderes Merkmal der Demo waren aber vor allem die kreativen Schilder und Konstrukte, wie zum Beispiel ein vom Klima erhängter Globus, einem Panda mit der Botschaft „Ich will nicht sterben!“ oder Slogans wie „For the Greta good“.
Bochumer Schulen beteiligen sich am Klimastreik
Gehör findet die Klimadebatte inzwischen aber genauso bei den Schulleitungen. Eine Vorreiterrolle nehmen hier das Alice-Salomon-Berufskolleg und die Matthias-Claudius-Gesamtschule ein. Diese schafften Angebote, die den Schüler*innen erlaubten beim Weltklimatag teilzunehmen. Zwei der Gesamtschullehrerinnen, Katharina Mündelein und Nicole Posser, erklärten im Gespräch, dass ihre Schule vor den Sommerferien den „Klimanotstand“ ausrief und es dieser daher ein Anliegen ist ein Bewusstsein für die Problematik zu schaffen: „Wir haben eine Klimaschutz-AG, die sich mit der Frage beschäftigt ‚Was können wir wirklich umsetzen‘. Wir wollen unsere Klassen nachhaltiger gestalten. IKEA, wissen Sie, ist da nicht immer die beste Wahl. Als nächstes möchten wir die Klasse mit hochwertigen Holzmöbel einrichten, die zwar etwas teurer sind, aber dann auch Jahrzehnte halten werden. Zusätzlich gibt auch AGs, die sich beispielsweise mit Nistkästen und Bienenhotels beschäftigen.“
GEW Bochum bringt soziale Themen ein
Ab 15:45 Uhr ging es dann nach dem Zug weiter mit Redebeiträgen von ver.di, der GLS-Bank, die für diesen Tag schloss und mit 400 Beschäftigten teilnahm, und der GEW. Rebecca Sirsch, Obfrau für Frauen der GEW Bochum, machte sich mit ihren Worten stark für die Bewegung, begleitet von Beifall, indem sie darauf verwies, dass „Studien belegen, dass der Schulerfolg vor Allem vom Elternhaus abhängt und nicht zwangsläufig von der Leistungswilligkeit der Schüler. Und wenn dann behauptet wird, dass dieser von ein paar fehlenden Stunden abhängt, dann ist das einfach nur lächerlich.“
GEW NRW Vorsitzende solidarisiert sich in Bielefeld
6.000 Kilometer entfernt und ein paar Stunden später spricht Greta Thunberg, die mit ihren 16 Jahren zur Ikone der FfF-Bewegung geworden ist und die weltweiten Sorgen in New York auf den Punkt bringt: "Und das Haus, das brennt, ist nicht nur das der jungen Menschen. Wir alle leben hier. Und es geht uns alle an." Doch entgegen all diesem Druck schreitet die Groko (SPD und CDU) laut einiger Kritiker mit ihren geplanten Maßnahmen nur mit kleinen Schritten voran, die es als „mutlos“ (Jürgen Trittin) oder als „eine politische Veranstaltung“ einordnen, welche die Klimaziele niemals erreichen werde (Klimaforscher Mojib Latif). Und so erneuern sich die einleitenden Worte, die Maike Finnern, Landesvorsitzende der GEW NRW, in Bielefeld an die Demonstrierenden richtete: „Skepsis ist angesagt, viel Zeit ist verstrichen, zu wenig wurde getan. Wir müssen den politischen Druck erhöhen und das fortsetzen, was vor über einem Jahr mit der Bewegung „Fridays for Future“ entstanden ist.“
Alexander Schneider
Freier Journalist