Im Rahmenprogramm am Samstag, 4. März 2017, standen die Themen Digitalisierung und gesellschaftliche Entwicklung im Fokus. Dr. Claudia Bogedan, Senatorin für Kinder und Bildung in Bremen, referierte zu „Bildung in der digitalen Welt“. Die Podiumsdiskussion – moderiert von Helmut Rehmsen, WDR, – war prominent besetzt mit Dunja Hayali, Journalistin und Fernsehmoderatorin; Sarah Primus, Vorsitzende des Landesjugendrings NRW; Sophia Tiemann, Geschäftsführerin der IHK NRW; Marlis Tepe, Bundesvorsitzende der GEW; Thomas Eiskirch, Oberbürgermeister der Stadt Bochum; und Klaus Eberl, Oberkirchenrat evangelische Kirche Rheinland.
Umsetzung in der Praxis: Digitalisierung an Bremer Schulen
Schneller Internetzugang in allen Klassenräumen ist laut Dr. Claudia Bogedan, Senatorin für Kinder und Bildung in Bremen, eine Basisvoraussetzung für digitale Bildung an Schulen. Als sie Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK) im Jahr 2016 war, wurde die Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ auf den Weg gebracht. In Bremen trägt sie bereits Früchte: Konkrete Projekte mit Beteiligung der Schüler*innen wurden auf den Weg gebracht. So entwickeln zum Beispiel Gesamtschüler*innen gemeinsam mit ihren Lehrkräften und Eltern zeitgemäße Verhaltensregeln für die Nutzung von Mobiltelefonen. Inklusiver Unterricht wird durch eine Mathe-App gefördert, die differenzierten Unterricht ermöglicht.
Sachgerechte Ausstattung und Personal für den Support
Die Diskussion über das Prinzip „Bring your own device“ wird von der GEW NRW kritisch begleitet. Gewerkschafter*innen sehen darin Chancengleichheit und Teilhabe gefährdet, hieß es aus dem Publikum. Doch die Haushalte der Kommunen seien leer und eine flächendeckende Ausstattung mit digitalen Geräten nicht absehbar.
„Ich warne davor zu warten, bis wir alle Schulen mit den nötigen Geräten ausgestattet haben. Wir würden weitere zehn Jahre hinterherhinken“, meint die Senatorin. Sie sei überzeugt, dass es richtig ist, in der digitalen Welt mit großen Schritten voranzuschreiten. Eine Herausforderung auch für die Parteien im Wahlkampf für die Landtagswahl in NRW. Die Bildungsgewerkschaft fordert neben der sachgerechten Ausstattung und dem freien Zugang zusätzliches Personal für den Support. Dr. Claudia Bogedan stimmt zu, denn eine einmalige Finanzspritze sei hier genauso wenig förderlich wie ein Pflichtfach Informatik auf KMK-Ebene zu bestimmen. Diese Entscheidung müsse den Ländern vorbehalten bleiben.
Gelingensbedingungen für Digitalisierung
Damit die Digitalisierung in Schulen gelingt, müssen drei Bedingungen erfüllt sein, meint Dr. Claudia Bodegan: Erstens müsse die Lehrer*innenaus- und -fortbildung den Anforderungen der digitalen Welt angepasst werden. Zweitens brauchen Schulen Technik, die funktioniert – ein entsprechender Infrastrukturausbau sei deshalb unumgänglich. Drittens muss „Medienkompetenz in allen Unterrichtsfächern vermittelt werden.“
Das Pattex der Gesellschaft ist die Begegnung
Was verbindet Menschen? Was hält eine Gesellschaft zusammen? Begegnung schafft ein Wir-Gefühl – darin waren sich alle Teilnehmer*innen der Podiumsdiskussion einig. Sie findet statt an ganz verschiedenen Orten und manchmal muss auch ein wenig nachgeholfen werden. „Begegnung ist notwendig. Sie beginnt für uns schon in der Kita. Dort begegnen sich nicht nur die Kinder, auch die Begegnung der Eltern untereinander wird früh gefördert.“, so Marlis Tepe, Vorsitzende der GEW.
„Der Klebstoff, der die Gesellschaft zusammenhält, ist die Begegnung, das gemeinsame Erleben, und die müssen wir inszenieren“, so Klaus Eberl, Oberkirchenrat der evangelischen Kirche im Rheinland. Der Oberbürgermeister der Stadt Bochum Thomas Eiskirch meint, dass es schwierig sei „das Pattex“ zu definieren, vielmehr müsse man auf individuelle Lebenssituationen eine Antwort haben.
Sarah Primus, Vorsitzende des Landesjugendrings NRW, nennt ein konkretes Beispiel: „Bei jungen Menschen im Freiwilligen Sozialen Jahr machen wir keinen Unterschied zwischen den Schulformen, von denen die Schüler*innen kommen. Alle machen die Kurse zusammen und treffen so teilweise erstmals auf andere Kulturen. Damit schaffen wir einen Ort der Begegnung.“
Verantwortung für die Gesellschaft übernehmen
In den aktuellen gesellschaftspolitischen Diskussionen ginge es nicht immer nur um Fakten, meint Dunja Hayali, Journalistin und Fernsehmoderatorin, sondern vielmehr um Emotionen. „Wir können nicht immer alles auf die Politik und die Bildung schieben, jeder Mensch ist auch irgendwie selbst dafür verantwortlich. Wir sind Bürger*innen dieses Landes und nicht nur Konsument*innen. Wir tragen alle Verantwortung.“
Demokratieerziehung in der Schule
Sorgen um die Demokratie in Deutschland mache sie sich nicht, so Sarah Primus. „Das läuft schon“ – so einfach dürfe man sich es dennoch nicht machen. „Wir brauchen mehr Beteiligung für junge Menschen. Wir müssen auf sie zugehen.“
„Demokratieerziehung beginnt spätestens in der Grundschule“, sagte Barbara Sendlak-Brandt, Mitglied der GEW NRW, bei der späteren Diskussion. „Und das ist nicht eine Frage von Ressourcen, sondern eine Frage der Haltung. Mitbestimmung gab es an meiner Schule zum Beispiel durch wöchentliche gemeinsame Gespräche über alles, was die Kinder beschäftigte: von den Unterrichtsinhalten bis zum Essen in der Mensa. Da kann man ganz viel machen. Das A und O dabei ist die Erziehungswissenschaft, die die Kinder in den Mittelpunkt stellt.“