Genau rechnen für mehr Sicherheit im Alter

Frauen sind besonders gefährdet, in Altersarmut zu rutschen

Eine*r bleibt zu Hause, eine*r geht arbeiten. Das traditionelle Modell funktioniert, solange ein Paar zusammenbleibt und mit dem Einkommen auskommt. Wenn nicht, sitzt oft nur eine*r in der Falle.
Genau rechnen für mehr Sicherheit im Alter

Foto: Susann Städter/photocase.de

Heutzutage gibt es viele moderne Familienmodelle. Statistisch ist die häufigste Form aber immer noch: Vater, Mutter Kind. Darauf bezieht sich auch das Buch „Ein Mann ist keine Altersvorsorge“ von Autorin Helma Sick, das sie gemeinsam mit der früheren Bundesfamilienministerin Renate Schmidt geschrieben hat. Die Finanzberaterin kritisiert, dass viele Frauen jahrelang zu Hause bleiben oder in Teilzeit arbeiten mit der Folge, am Ende in Altersarmut zu rutschen. Ihr Credo: Insbesondere Frauen sollten sich keinesfalls blind auf ihren Ehemann verlassen und müssen selbst vorsorgen.

Mit ihrem Buch „Ein Mann ist keine Altersvorsorge“ rufen Sie Frauen auf, finanziell unabhängig zu werden. Was bedeutet das konkret?

Nicht abhängig zu sein von einem Partner und vom Fortbestand einer Ehe oder einer Lebensgemeinschaft gehört zur Würde eines Menschen. Ehen halten heute häufig nicht mehr lebenslang. Bundesweit wird jede dritte Ehe geschieden, in Großstädten jede zweite. Das neue Unterhaltsrecht fordert von Ehepartnern Eigenverantwortung. Jede*r sollte berufstätig sein und von Beginn an dafür sorgen, im Falle einer Scheidung nicht mittellos dazustehen. Nachehelichen Unterhalt gibt es in der Regel nur noch, wenn Kinder unter drei Jahren zu versorgen sind. Ein existenzielles Risiko gehen deshalb Frauen ein, die sich immer noch auf ein traditionelles Familienmodell einlassen: Der Mann arbeitet Vollzeit und die Frau ist nicht erwerbstätig, nur im Minijob oder in kleiner Teilzeit.

Sie beraten Frauen zum Thema Geld. Warum verlassen sich so viele Frauen bei der Rente auf ihre Ehemänner?

Fehlende Lebensplanung, Unwissenheit und Bequemlichkeit, aber auch fehlende Vorbilder gehen hier häufig eine unheilvolle Allianz ein. Meine Erfahrung ist, dass Frauen, deren Mütter berufstätig waren und eigenes Geld verdienten, seltener in eine der vielen Fallen laufen: zu langer Ausstieg aus dem Beruf, arbeiten im Minijob oder in kleiner Teilzeit.

Viele Frauen – auch in Bildungsberufen – arbeiten wegen der Kindererziehung in Teilzeit, verzichten auf Karrierechancen und rutschen am Ende in Altersarmut. Wie lassen sich Kinder, Karriere und eine gute Rente unter einen Hut bringen?

Etwa 70 Prozent der berufstätigen Mütter arbeiten in Teilzeit. Jede zweite von ihnen tut dies auch dann noch, wenn ihre Kinder schon im Teenager-Alter sind – ohne sich Gedanken zu machen, wie sich das auf ihre Rente auswirkt.

Kinder, Karriere und eine gute Rente lassen sich durchaus unter einen Hut bringen. Voraussetzung dafür ist, dass sich Ehepartner die Elternzeit teilen und zwar hälftig. Dann muss keiner zu lang aus dem Beruf aussteigen. Beide sollten allmählich über Teilzeit wieder in eine Vollzeittätigkeit zurückkehren. Wenn es trotz allem gewünscht ist, dass die Frau zu Hause bleibt, weil der Mann nicht Teilzeit arbeiten kann, muss aus dem Familieneinkommen für die Frau in eine private Altersvorsorge eingezahlt werden. Es geht nicht gerecht zu in einer Ehe, wenn eine gemeinsam getroffene Entscheidung – zum Beispiel für ein Kind – langfristig ausschließlich zu Lasten der Frau geht.

Junge Frauen studieren länger, reisen und beginnen später zu arbeiten als es noch in der Generation ihrer Eltern üblich war. Spitzt sich die Situation für sie besonders zu, vor allem, wenn sie sich Kinder wünschen?

Junge Frauen mit guter Ausbildung haben meist auch gute Berufs- und Einkommenschancen. Die Situation spitzt sich nur dann zu, wenn Frauen sich wegen eines Kindes zu lange aus dem Beruf ausklinken, ohne eine Gegenleistung dafür zu erhalten oder zu fordern – zum Beispiel eine private Altersvorsorge.

Was können Frauen tun, um ihre Rente zu sichern und finanziell auf eigenen Beinen zu stehen?

Paare sollten, wenn sie eine Partnerschaft eingehen und Nachwuchs planen, in einem Ehevertrag oder bei Nicht-Verheirateten in einem Partnerschaftsvertrag die wichtigsten Dinge regeln: Wer wegen eines Kindes zu Hause bleibt und wie lang, wie die häusliche Arbeitsteilung aussieht. Auch wie lange im Fall einer Scheidung oder Trennung Unterhalt gezahlt wird, wenn die Berufstätigkeit länger als drei Jahre unterbrochen wird, und wie die Renteneinbuße durch die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit ausgeglichen werden kann.

Der Rentenausgleich ist zwar sehr wichtig, aber damit werden nicht die Nachteile auf dem Arbeitsmarkt und verpasste Qualifikationen ausgeglichen, die durch den langen Ausstieg aus dem Beruf entstehen. Das sollte Frauen bewusst sein. Das oft gehörte Argument „In der Liebe rechnet man nicht“ stimmt nicht. Ich kann Frauen nur raten, genau zu rechnen, sonst zahlen sie eines Tages die Rechnung!

Die Fragen stellte Jessica Küppers, Redakteurin im NDS-Verlag