GEW-Mitgliederstudie offenbart Defizite

Das ist keine Privatsache: Mehr Geld in die Digitalisierung stecken!

Eine Mitgliederstudie der GEW unterstreicht: Die Mehrheit der Lehrkräfte ist vom Nutzen digitaler Medien überzeugt. Die meisten GEW-Mitglieder an Schulen nutzten schon vor der Corona-Krise regelmäßig digitale Medien und Kommunikationsmittel für den Unterricht, und zwar ihre privaten. Das, was vor Corona galt, gilt jetzt umso mehr: Bund, Länder und Kommunen müssen mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung dafür sorgen, dass neben deutlich mehr Geld für die Digitalisierung der Schulen, auch Konzepte erstellt, Standards gesetzt und der Support geregelt werden.
GEW-Mitgliederstudie offenbart Defizite

Foto: pixabay

„Die aktuelle Situation an den Schulen und in vielen Familien zeigt mit aller Schärfe: Digitalisierung darf keine Privatsache sein. Die Corona-Krise hat mit aller Wucht die Versäumnisse der Vergangenheit gezeigt. Wie die Lehrkräfte trotz der schlechten Ausgangsbedingungen von heute auf morgen mit großem Improvisationstalent auf Fernunterricht umgestellt haben, kann man nicht genug wertschätzen. Respekt! Was wäre aus dem letzten Schuljahresdrittel geworden, wenn sie nicht mit ihren privaten Endgeräten das Lernen auf Distanz und all die vielen digitalen Lernprozesse unterstützt hätten?“, sagte GEW-Landesvorsitzende Maike Finnern aus Anlass einer Pressekonferenz der Bildungsgewerkschaft zur Vorstellung einer repräsentativen bundesweiten Mitgliederstudie zur Digitalisierung heute in Frankfurt a.M. Für den Landesverband NRW liegt eine Sonderauswertung mit teilweise abweichenden Werten vor.

Demnach nutzen in NRW 94 Prozent der befragten GEW-Mitglieder digitale Medien – wie Internet, Smartboard, Tablets, Beamer - im Unterricht, davon 47 Prozent (bundesweit 55%) mehrmals in der Woche. Die Hälfte der Befragten stuft die Nutzung digitaler Medien immer oder häufig als sinnvoll für die Gestaltung des Unterrichts oder das Lernen ein. Der Einsatz digitaler Medien im Unterricht hat Auswirkungen auf die Arbeitsbelastung: So sagen knapp die Hälfte der Befragten (46%), dass sich durch die Digitalisierung die Arbeitsbelastung erhöht hat, bei vier Prozent sogar stark.

Als Konsequenz der Studie hält die GEW-Landesvorsitzende eine öffentliche Finanzierung von digitalen Endgeräten für den schulischen Gebrauch für dringend erforderlich. „Bildungsinfrastruktur vorzuhalten, ist eine wichtige öffentliche Aufgabe. Bislang ist es aber nur möglich, dass ein Schulträger maximal 20 Prozent der Fördermittel aus dem ‚DigitalPakt Schule‘ für mobile Endgeräte einsetzt. Land und Schulträger müssen jedoch auch die Lehrkräfte mit Endgeräten ausstatten“, verlangte Finnern. Die zusätzlichen 500 Millionen Euro, die in der Corona-Krise für Familien bereitgestellt wurden, könnten nur ein Anfang sein. Die Mittel aus dem DigitalPakt müssen verstetigt und auf bundesweit rund 20 Milliarden Euro, d.h. über vier Milliarden für NRW, erhöht werden.

Insbesondere bei den Themen Datenschutz, Fortbildung und technische Unterstützung belegt die Studie Defizite. Nicht einmal die Hälfte der Befragten in NRW, nämlich 43%, hält den Datenschutz für ausreichend geklärt (bundesweit 49%). 45% der NRW-Befragten (bundesweit 39 Prozent) beschreiben ihn als eher oder überhaupt nicht geregelt. Mehr als drei Viertel (77%) der Lehrkräfte in NRW (65% bundesweit) kritisieren die Unterstützung des Arbeitgebers in Fragen des Datenschutzes und bewerten diese als eher unzureichend.

Die GEW-Landesvorsitzende bewertete dies als brisanten Befund, insbesondere vor dem Hintergrund, wie häufig private Endgeräte genutzt würden und wie rasant der Einsatz digitaler Tools aktuell während der Corona-Krise gestiegen sei. „Auch bei den Apps und digitalen Tools, die zurzeit aus dem Boden schießen, brauchen wir öffentliche Kontrolle sowie transparente und gebündelte Informationen“, forderte Maike Finnern.

Die Studie belegt auch den großen Weiterbildungsbedarf bundesweit und auf NRW bezogen: Zwar haben 60 Prozent der Befragten in NRW (58% bundesweit) in den vergangenen zwei Jahren an Fortbildungen zur Digitalisierung teilgenommen. Aber nur 17 Prozent (18 Prozent) gaben an, dass ausreichend Fortbildungen zum Themenkomplex angeboten werden. „Da klafft eine große Lücke zwischen Bedarf und Angebot. Fortbildungen scheitern oft an fehlenden relevanten Angeboten und zeitlichen Kapazitäten“, unterstrich Maike Finnern. Auch der technische Support sei, Mitgliederklagen zufolge, nicht zufriedenstellend gelöst und schlucke enorme Ressourcen der Lehrkräfte, die im Unterricht fehlten. Lediglich gut 20 Prozent der Befragten waren grundsätzlich mit dem technischen Support zufrieden.

Maike Finnern mahnte abschließend an, die Defizite bei der Umsetzung des DigitalPakts zu beheben: „Die digitale Aufholjagd darf nicht auf dem Rücken der Lehrkräfte und Schüler*innen ausgetragen werden. Insbesondere die Lehrkräfte sind bei der Umsetzung des DigitalPakts bisher zu wenig beteiligt worden. Neben der zügigen Bereitstellung von LOGINEO NRW für alle Schulen, benötigen die Lehrkräfte schnelle und verlässliche Lösungen für einen Messengerdienst und ein Videokonferenztool. Die Schulen brauchen Zeit, um sinnvolle medienpädagogische Konzepte zu entwickeln.“

Berthold Paschert, Pressesprecher der GEW NRW