In Ihrer Erklärung gehen Sie zwar auf den Hinweis des Herrn Breuer zur Beschulung von Flüchtlingskindern ein, nehmen jedoch nicht das eigentliche Argument auf, dass nämlich der Vergleich der Ergebnisse (LSE) von Grundkursen der Gesamtschule und denen der Realschule schlicht irreführend ist.
- Sie stützen sich zwar einerseits auf Zahlen aus der Beantwortung der kleinen Anfrage im Landtag, die aber zu eben dieser „Leistungsdebatte“ überhaupt keine Aussagen machen. Die diesbezüglichen Behauptungen erscheinen mir daher als Nebelkerzen, die bewusst – und eben aus ideologischer Motivation – in die Welt gesetzt werden. Das ist nicht mit der Seriosität von Politik vereinbar, die man als Bürger/-in erwarten kann.
- Für den Umgang mit den oben erwähnten Zahlen aus der Beantwortung der kleinen Anfrage, Drucksache des LT 16/12169, gilt dagegen: Die Deutung geht schlicht an den Tatsachen vorbei. Ich nehme hier zu Ihren Gunsten an, dass die Verzerrungen eher aus Unkenntnis erfolgten. Fakt ist jedoch: Die Stellenbesetzungssituation an Realschulen, die ja übrigens nicht in die Zuständigkeit der Stadt Bochum bzw. des Rates fällt, ist nicht etwa einer bewussten Benachteiligung dieser Schulform geschuldet, sondern ein Ergebnis der nordrhein-westfälischen Schulpolitik insgesamt, z.T. durch CDU und FDP seinerzeit mitverantwortet (Stichwort „Schulkonsens“). Die Unterbesetzung - gleichzeitig Grund für die häufig übervollen Klassen; beides beklagen wir als Gewerkschaft ebenfalls - ist ausschließlich Folge der Tatsache, dass zur Verfügung stehende Stellen an den entsprechenden Schulen in den schulscharfen Auswahlverfahren nicht besetzt werden konnten. Hierfür gibt es wiederum zweierlei Gründe: Erstens gibt es seit einiger Zeit zu wenige ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer in NRW insgesamt, zweitens orientieren sich die suchenden Kandidatinnen und Kandidaten verständlicherweise u.a. an dem Kriterium, ob eine Schule die Chance hat, langfristig zu bestehen. Hier spielt die Erfahrung eine Rolle, dass eine zunehmende Zahl von Realschulen schließen muss. Keinem Berufsanfänger ist es zu verdenken, wenn er angesichts dieser Situation auf andere „Pferde“ setzt.
Gerade letztere Zusammenhänge sollten Ihnen als Vertreter einer ausgeprägten Marktpolitik nachvollziehbar sein. Insofern würde ich mir wünschen, dass Ihre Partei sich für verbesserte Arbeitsbedingungen und eine angemessenere Bezahlung des Lehrerberufs stark macht – Faktoren, die zu einer Stärkung des öffentlichen Schulsystems beitragen würden. Dergleichen vermisse ich jedoch als Forderung Ihrer Partei, würde es aber gerade für eine Aufgabe der Opposition im Landtag halten.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Kriegesmann
GEW Stadtverband Bochum
P.S.: Diese Zuschrift wird als offener Brief auf unserer Homepage veröffentlicht.